Samstag, 22. Juli 2023
Walter
Als ich letzte Woche auf Reisen war, fand ich ein Buch - und zwar Homo Faber von Max Frisch. Es handelt sich um eine schöne alte Ausgabe Suhrkamp 1957 (14.-18.Tausend). Die fast 290 Seite habe ich tatsächlich in einer Woche geschafft. Wie immer will ich jetzt ein paar Worte darüber verlieren. Wer den Roman nicht kennt und plant, ihn zu lesen, sollte besser abschalten.

Im Wesentlichen trifft Walter Faber zufällig eine junge Frau, ohne zu wissen, daß es seine Tochter ist. Sie verlieben sich und durch einen Unfall stirbt sie. Faber ist dann einem doppelten Weltschmerz ausgesetzt, weil es seine Tochter und Geliebte war. Allerdings kann er diesen zunächst - als rationaler Ingenieur - gar nicht so richtig erfahren. So zumindest meine Deutung.

Mir hat die Lektüre gut gefallen. Vor und neben obiger Haupthandlung gibt es noch ein paar Details, die ganz interessant sein, wie zB ein Flugzeugabsturz oder seine Reise nach Guatemala. Legendär ist auch der Anfang, wo Faber im Flugzeug neben einem Deutschen sitzt, aber nichts mit ihm zu tun haben will. Ausgesprochen großes Geschickt beweist Frisch auch dabei, es zu verschleiern, wie weit die Affäre nun tatsächlich ging.

In der Schule hatten wir Stiller gelesen, das mir mindestens genauso gut gefiel, auch wenn ich mich jetzt kaum noch daran erinnere. In der Mittelstufe lasen wir wohl Andorra, ich weiß aber nicht mehr, ob ich es tatsächlich las. Mit gefällt Frischs Stil, vor allem weil er sich gut lesen läßt.

Hier noch ein paar Zitate:
- "... ich war nur zu jung wie die meisten Männer unter dreißig, zu unfertig, um Vater zu sein" (S.66).
- " Sie lachen, mein Herr, aber es ist so, Reisen ist ein Atavismus, es wird kommen der Tag, da es überhaupt keinen Verkehr mehr gibt, ..." (S.146f).
- "Wir rupften unsere Artischocken, tauchten Blatt um Blatt in die Mayonnaise und zogen's durch unsere Zähne, Blatt um Blatt, während ich einiges von der gescheiten Dame erfuhr, die ihre Mams ist." (S.159).
- "Die Inschrift auf einer Marmortafel lautet: Caecilia Q. Cretici f(iliae) Metellae Crassi, der Tochter des Metellus Cretius, Schwiegertochter des Triumvirn Crassus" (S.165). Das erinnert mich nur an 'Crassus Vampus'.
- "... die Frau als Proletarier der Schöpfung ..." (S.198f).

Der Autor erwähnt übrigens mehrfach den Maxwellschen Dämon.


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